[english]
ANOMALOUS TERRITORIES
Reinhard Braun
The work is never in a state of completion, how could it be so? (Š) It subverts the idea of authorship bound
up within the solitary individual. It subverts the idea of individual ownership of the works of
imagination.
Roy Ascott
Breitere Öffentlichkeiten sind versucht, die vieldiskutierten Phänomene der Informationsgesellschaft
in engem Zusammenhang mit den Entwicklungen des "Netzes" zu sehen, wobei der Netzbegriff wiederum als Synonym
für das World Wide Web verwendet wird. "Simulation, Interface, Immaterialität, Simultaneität,
Flüchtigkeit, Beschleunigung, Steigerung der Komplexität, Auflösung der räumlichen und
zeitlichen Dimensionen sowie der Einheit und Kontinuität des normalen Wahrnehmungsraumes sind häufig
verwendete Stichworte zur Charakterisierung dessen, was sich mittels der Technik als Prozeß permanenter
'proteushafter Veränderung' darstellt." Damit werden die aktuellen, massiven Transformationen im Bereich der
Konstitution von Öffentlichkeiten und Teilkulturen, der Organisation und Kommunikation von Wissen und
Erfahrung, damit der Wahrnehmung von kulturellen Zusammenhängen zumeist direkt als Konsequenzen einer
technologischen Entwicklung verstanden, die sich seit dem Beginn der 90er Jahre verschärft haben bzw. auf die
Einführung des Personal Computers in der ersten Hälfte der 80er Jahre zurückgehen. "Just as the
camera has come to symbolize the entirety of photographic and cinematic processes, the computer has come to
symbolize the entire spectrum of networks, systems, and devices that exemplify cybernetic or 'automated but
intelligent' behaviour."
Diese symbolische Repräsentation deutet, unabhängig davon, inwieweit diese Entwicklung historisiert
wird, auf einen generellen kulturellen Wandel hin, nämlich von einer Kultur "driven by representation" hin zu
einer Kultur "driven by networked operations". Dabei wird jedoch nicht entsprechend berücksichtigt, dass dies
nicht allein auf technische Entwicklungen zurückzuführen ist. "The tools always presuppose a machine,
and the machine is always social before it is technical. There is always a social machine which selects or assigns
the technical elements used." Der Übergang von Repräsentation hin zu operativen Momenten der
Manipulation kultureller Symboliken mit den angeführten Konsequenzen hat also auch etwas mit dem Wandel
dieser "sozialen Maschine" zu tun. Und es gibt wiederum kaum ein kulturelles Feld dieser "sozialen Maschine", in
dem sich die konfligierenden Prozesse um Repräsentationen und Symbolmanipulationen deutlicher niederschlagen
würden als im Feld der Kunst. Kritik an Repräsentationsverhältnissen bedeutet zunächst und vor
allem Kritik an einem mehr oder weniger symetrisch verstandenen Verhältnis zwischen Bild, Gesellschaft und
Subjekt. Repräsentationsverhältnisse haben nur dann einen Sinn, wenn auch etwas sinnvoll
repräsentiert werden kann und soll - "beyond the naïve belief in the simple reproducibility of reality."
(Peter Courtemanche) Es kann jedoch keine Rede davon sein, dass uns die Bilder bzw. Bildverhältnisse abhanden
zu kommen drohen, ganz im Gegenteil; ihre massenhafte und massenmedial generierte Verbereitung sagt aber noch
nichts über deren Funktionszusammenhänge innerhalb kultureller Austauschprozesse aus, darüber, was
durch Bilder überhaupt noch repräsentiert bzw. zugänglich wird und vor allem, welchen Operationen
diese Bilder und Bildformationen unterliegen bzw. unterzogen werden.
Doch Probleme der Repräsentation interessieren hier nur am Rande. Im Mittelpunkt steht aber das
angesprochene Verhältnis von Gesellschaft, Subjekt und, allgemeiner, kulturellen Artefakten und Produktionen,
das Verhältnis von kulturellen "Objekten" im weitesten Verständnis (Bilder, Objekte, aber auch Sound und
Texte) und den Austausch- und Verarbeitungsprozessen, denen sie unterworfen sind (Repräsentation,
Kommunikation, Information), bzw. noch konkreter, die Verschiebungen dieser "Objekte" im Verhältnis zu den
sie definierenden Kontexten (sozialer Raum und soziale Zeit). Und, was hinzugefügt werden muss, wir
untersuchen einige dieser Verschiebungen und Rekonfiguration im Feld künstlerischer Praktiken seit den 60er
Jahren (wobei selbstverständlich nur einige wenige Arbeiten exemplarisch herangezogen werden können).
Der Grund für diese skizzenhafte Untersuchung liegt darin, dem beschriebenen kulturellen Wandel nachzugehen,
einem konstatierten Übergang der Rolle künstlerischer Produktion von einem Arrangieren von Sinn zu einem
Arrangieren von Operationen nachzugehen, diesen Wandel jenseits von technologischen oder apparativen Szenarios zu
beschreiben und ihn als wichtiges Moment einer allgemeinen kulturellen Transformation zu kennzeichnen.
Natürlich wird die komplexe Wechselwirkung zwischen Technologie und Bedeutungsproduktionen oder
Handlungsmöglichkeiten keinesfalls unterschätzt: "Artefakte für den Mediengebrauch und mediale
Bezeichnungspraxis stehen in einem engen Wechselverhältnis. Kommunikate verweisen auf die Formen und
Strukturen, in denen ihre Benutzung stattfindet und umgekehrt: In den apparativen Anordnungen sind Ästhetik
und Dramaturgie abgelegt und wiederauffindbar. In dieser Interdependenz wirkt immer auch ein historisches
Nacheinander: Neue Medien künden von neuen Bezeichnungspraxen. Diese gilt es rechtzeitig aus jenen zu
decodieren." Es handelt sich also darum, diesen neuen (künstlerischen) Bezeichnungspraxen nachzugehen bzw.
einige Momente dieser Praxen zu skizzieren, die als ein solcher Decodierungsprozess verstanden werden können,
wobei nicht davon gesprochen werden kann, dass dabei lediglich die Effekte der vorgegebenen Technik verdoppelt
werden.
Nach der Synchronisation
"Die 'Trennung der Botschaft vom Körper des Boten' ist nicht nur ein kulturgeschichtlicher Fluchtpunkt
von mehr als zwei Jahrtausenden telekommunikativer Entwicklung. Sie ist zugleich Metapher für die politische
Ökonomie des historischen Prozesses hin zur Entmaterialisierung des Austauschs bzw. Verkehr der Menschen
untereinander (mit dem Warenverkehr als ideelem Gesamtverkehr). Sie ist Sinnbild der zunehmenden Eliminierung der
sinnlich-körperlichen (Selbst-) Erfahrung unserer alltäglichen Lebensbeziehungen (...)". Dieser Prozess
- im Mittelpunkt des militärisch/industriellen Komplexes der Moderne - kann nicht einfach als
Entmaterialisierung und Virtualisierung begrifflich fixiert werden. Im Mittelpunkt steht nämlich nichts
weniger als die vollständige Revidierung kultureller Austauschformen und ihrer Re-Präsentation, von der
Ökonomie bis hin zur Organisation des subjektiven Gedächtnisses und seiner Archive. Der Prozess der
Entkoppelung von Information und Darstellung ist überhaupt erst die Grundlage zur generellen Mobilisierung
von Gesellschaft: (bewegte) Bilder, Sounds und Texte (als Text, Information, Software oder Steuerungsanweisung)
und ihre Bedeutungen werden auf die Reise geschickt und sind quasi permanente Untote, die sich latent an jedem
beliebigen Ort und zu jeder beliebigen Zeit temporär materialisieren können, anschlußfähig an
verschiedenste Kontexte, revidierbar, manipulierbar, konvertierbar, archivierbar, transformierbar, unabgeschlossen
und mitunter flüchtig. "Das eben charakterisiert die Nachindustrie: Die Information, nicht das Ding ist
wertvoll."
Die Massenmedien Fernsehen und Radio sind vor allem auch in ihrer Funktion beschrieben worden, soziale Zeit in
Medienzeit zu konvertieren, d. h. eine medienimmanente (im Laufe der Zeit immer mehr ökonomisch bedingte)
Zeitstruktur dem sozialen Leben einzuprägen und einzuschreiben. Im Gegensatz dazu haben Netzwerke im Grunde
überhaupt keine immanente Medienzeit, sie bestehen ausschliesslich aus "latenter Zeit". Damit verändert
sich auch die Verschaltung von Medienzeit mit sozialer Zeit vollständig: von der (ästhetischen)
Disziplinierung durch Bilder, Töne und, wichtig: Stimmen, zur Konditionierung durch Verfügbarkeit.
Fernsehen und Radio als Massenmedien stellen sich als Projekte der Moderne dar: der Zugriff auf und die Kontrolle
von Öffentichkeiten durch eine zentral organisierte Insitution (paradigmatisch etwa auch in Benthams
"Panoptikon" und strukturell in den "klassischen" Architekturutopien von Le Corbusier bis Gropius präsent).
Diese Organisationsform des Gesellschaftlichen entspricht einer Homologie von Raum und Zeit, mit der zeitlichen
Strukturierung geht eine räumliche Strukturierung einher.
Was sich in den letzten 15 Jahren post-moderner Diskurse abzeichnet (begleitet von der entsprechenden
technologischen Entwicklung), ist einerseits eine mitunter radikale Kritik an dieser Disziplinierungsform von
Gesellschaft und andererseits der Versuch, kulturelle Organisationsformen zu formulieren, die anderen
strukturellen Verhältnissen folgen und entsprechen: flache Hierarchien, verteilte Produktions- und
Vermittlungsinstanzen, und vor allem die Aufgabe jener in Fernsehen und Radio exemplarisch
vergegenständlichten unerbittlichen Synchronisation von Kultur und ihrer gleichgeschalteten
Öffentlichkeiten. "Aus überkommenen Vorstellungen von Öffentlichkeit, der Soziologie der
Post-Industrialisierung, der diskursiven Identitätsstiftung einer postmodernen 'Gegenwart', der Einbindung
oder besser der vollständigen Integration in die Medienlandschaft der Telekultur, muss sich ein
Kommunikationsverhalten entwickeln, dessen Grenzen nicht im physischen Raum festgeschrieben sind. Stattdessen
entstehen in den digitalen Territorien eine Neuro-Geografie der Kognition, ein Utopos von Netzwerken,
elektronische Rezeptionsweisen und eine post-territoriale Gemeinschaft, deren Mentalität ephemer bleibt, sich
der räumlichen Einordnung entzieht und deren Gegenwart von ihrer Teilnahme statt von ihrem zufälligen
Standort bestimmt wird."
Die Entkoppelung von Information und Darstellung, metaphorisch in der Trennung von Botschaft und Träger
der Botschaft zusammengefasst, entpuppt sich als Projekt der Entkoppelung von sozialer Organisaton und ihrer
Repräsentation. Gegenwart und Präsenz verflüchtigen sich in Teilnahme, Input und Übertragung -
mit allen Konsequenzen für die Konstitution des Subjekts, für Identitätsfragen und Fragen der
Repräsentation, eines Sich-Wiedererkennens. Diese Zustände müssen aber nicht als Auflösung und
Niedergang beschrieben werden: "Technologien der vernetzten Kommunikation bieten Lösungsansätze für
die entwurzelten Kulturen der Moderne und Begegnungsmöglichkeiten mit einer Rückkehr der Polis zu
politischem Engagemente und diskursiver Zusammenarbeit. In der Auseinandersetzung gleichermaßen mit
Ideologien wie Identität ist die Elektropolis mehr als nur ein neuer soziologischer Aspekt. Sie steht
für einen Ort, an dem eine neue kulturelle Logik geschaffen wird (...)." Bloß, dieser Ort ist kein Ort
mehr, er weist keine Symmetrie von Gegenwart, Handlung, Wahrnehmung und sozialem Raum mehr auf, in dem das Subjekt
seinen/ihren definierten Ort einnehmen könnte, d. h. es geht um keine Darstellung oder Repräsentation
mehr (die gelesen oder gedeutet werden könnte), sondern um Aktivierungen, um Teilnahme, um Zirkulation und
Angeschlossen-Sein (nicht allein im technischen Sinn). Um welche Orte, um welche Territorien und Räume mag es
sich dabei also handeln?
Das Verschwinden der Objekte
Im Zusammenhang mit dem Rückzug der Objekte (im Sinn von abgeschlossenen Formationen von Bedeutung)
aus Repräsentationszusammenhängen kehren wir ins Feld der Kunst zurück, in dem dieser Rückzug
klarerweise mit der Position des "Kunstwerkes" als prototypischem Objekt verknüpft ist, und es lässt
sich wenig überraschend gerade am Begriff und an der Vorstellung des Kunstwerkes der Übergang von der
Repräsentation und vom Objekt zu quasi offenen Handlungsfeldern und -optionen, zu Prozessanordnungen und
mehrdeutigen Interpretationsmöglichkeiten nachzeichnen. Dieser Übergang eröffnet Vorstellungen von
zunächst konzeptuellen Räumen, die nicht mehr von physischen Koordinaten abgesteckt werden, sondern in
denen Dinge und Bedeutungen in einem offenen und unabgeschlossenen Beziehungssystem organisiert sind. Es entstehen
Räume jenseits von Räumen, formale Räume, deren Elemente nicht mehr an ihre Eigenschaft als
Repräsentationsträger gebunden sind. Die Verschiebung vom Gegenstand hin zum Prozeß ist keine rein
technikimmanente, bereits im Bereich der nachfolgend kurz skizzierten künstlerischen Praktiken wurde der
Diskurs wichtiger als das Objekt.
Stellte bereits die Minimal Art das Kunst-Objekt als Bedeutungsträger in Frage und erzeugte in der
Verwendung von "primären Strukturen" abstrakte Materialzusammenhänge und reduzierte Oberflächen,
verstanden zahlreiche Künstler, die später unter dem Begriff "Concept Art" subsumiert wurden, ihre
Arbeit als dezidierte Kritik am Objekt- und damit Warenfetischismus. Im Rahmen von Konzeptkunst entstanden
Kunstwerke als Anti-Objekt, als Abkehr vom besonders gestalteten Objekt, Kunstwerke, die statt dessen die
Aneignung bestehender Objektformationen und Medienformen (Dan Graham, Douglas Huebler) betrieben und letztendlich
die Autonomie von Kunst und Kunstwerk überhaupt in Frage stellten. Grundlage für diese Infragestellung
bildete die Trennung von Konzept und Ausführung (d. h. die Ver- bzw. Entzeitlichung der Produktion) sowie die
Ausdifferenzierung der Zusammenhänge von Präsentation und Rezeption; präsentiert wird eine
Reflexion über das Werk selbst bzw. über den im Werk vorgeführten Zeichengebrauch (im Grunde werden
bereits hier die RezipientInnen Teil des Werkes).
Douglas Huebler realisiert zwischen 1. Juli 1969 und Juli 1994 die Arbeit "Duration Piece no. 13": 100
Eindollar-Noten werden in Umlauf gebracht, begleitet von der Ankündigung, dass, wer eine Note davon an
Douglas Huebler zurücksendet, 1.000 Dollar dafür erhält. Was könnte in diesem Fall als
Material der Kunst, als Raum der Kunst, als Kunstwerk überhaupt identifiziert werden? Wie lässt sich
eine Abgeschlossenheit des "Werkes" jenseits der (willkürlichen) zeitlichen Fixierung formulieren? Wer
erscheint dabei als Produzent? Wer verfügt über die "Form" der Arbeit?
Kunst wird damit praktisch aus jedem Produktionsverständnis im engeren Sinn herausgelöst und bleibt
quasi als Strategie, als Beschreibungs- und Begründungszusammenhang, als, wie es Douglas Huebler bezeichnet
hat, "system of documentation" zurück."Die Benutzung eines Prozesses als Material ist dabei ebenso triftig
wie die Benutzung eines Materials als Material, oder ferner die Nicht-Benutzung." Robert Barry hat dies noch um
einiges lakonischer ausgedrückt: "Mein Werk hat keinen besonderen Platz oder der Platz ist unbekannt."
Im Bereich der Mail Art wurden seit den 60er Jahren - auch im Umkreis von Fluxus - Projekte realisiert, bei
denen es nicht um das versandte Objekt als ästhetische Manifestation ging, sondern um die Kreisläufe von
Ideen und Informationen, um die Zirkulation von Konzepten und um die Konstruktion einer (Kunst-) Community.
Derartige Kunstpraktiken besetzen damit Kontexte, die jenseits des institutionellen Rahmens von Kunst liegen und
in denen die RezipientInnen immmer schon aktiv sind, Kontexte, die auch durch die künstlerische Praktik nicht
in Kunst-Kontexten verwandelt werden können: Abläufe des täglichen Lebens, Beziehungen zwischen
solchen Abläufen, Informations- und Objektverschiebungen innerhalb der Gesellschaft, die Warenwelt, und
letztlich auch die Sphäre der Informationsverarbeitungen und technische Medien. Künstlerische Praktiken
schleusen sich in kulturelle Systeme ein, "besetzen" oder inszenieren darin spezifische Abläufe und erzeugen
damit räumliche und zeitliche Konstellationen, die sich nicht definitiv festlegen lassen und sich daher einer
Repräsentation entziehen. Durch diese Projekte entstehen lange vor der Verschaltung von Kultur auf der
Grundlage von Informationstechnologien im engeren Sinn Räume jenseits von Kunsträumen, Räume
jenseits von bestimmbaren Öffentlichkeiten, Räume, die sich letztlich erst in der Imagination der
RezipientInnen vervollständigen bzw. in und durch die Aktivitäten der TeilnehmerInnen hergestellt
werden.
Dieser Rekurs erscheint deshalb wichtig und notwendig, weil sich das Aufkommen bestimmter
medienkünstlerischer Praktiken nicht einfach durch die Verfügbarkeit der entsprechenden technischen
Apparate oder Infrastrukturen erklären lassen. Selbstverständlich bleibt die Evidenz medialen "Impacts"
unwidersprochen; Robert Adrian X etwa spricht vom Schicksal beinahe jeden Kunstwerks, "dass es eine ständige
Metamorphose erlebt, wärend es die Mühlen der Medien durchläuft, dabei an Bedeutung und Inhalt
verliert und gewinnt, da es von der Maschinerie der modernen Kommunikationstechnologie kreiert wird." Die Frage
ist auch nicht die nach Priorität oder Originalität, d. h. kein Reanimationsversuch der Avantgarde im
Sinn deren permanenter Erweiterung des Kunstfeldes. Es geht vielmehr darum, Kunst als kulturell relevante Praxis
im Auge zu behalten und kulturelle Entwicklungen (im Bereich der Kunst wie der Wissenschaft und der Technik) als
"Artikulationen miteinander verbundener Praktiken" zu verstehen, die in einem gemeinsamen pragmatischen wie
konzeptuellen Terrain arbeiten. Wenn es um das Verständnis von Arbeiten wie jener von Peter Courtemanche
geht, auf die am Ende des Textes zurückgekommen wird, obwohl sie doch Anlass und Ausgangspunkt dieses
Schreibens und Denkens ist, und wenn es in seiner Arbeit um die Entgrenzung von Räumen (nicht nur der Kunst)
geht, um Phänomene wie Flüchtigkeit und Unabgeschlossenheit, darum, dass die Arbeit kein definiertes
Erscheinungsbild hat, weil sie sich vor allem über die Zugriffe und Zugänge der RezipientInnen wie um
die Zugriffe und Beiträge der partizipierenden KünstlerInnen erschließt, dann kommt ein
Verständnis dieser Arbeit und ihrer Bezüge erst über ein theoretisches wie historisches Kalkül
zustande, dass über eine Geschichte der Medien- und Technikentwicklung hinausgeht, die Technik und
Technologie oftmals quasi als Subjekt der Geschichte in Szene setzt.
Wenn also die Rede davon war, dass ein Übergang stattgefunden hat von traditionellen, abgegrenzten und
eindeutig lokalisierten Objekten/Räumen, von abgeschlossenen und durchstrukturierten Bildern hin zu
Interfaces, zu Kommunikation, Dislokation und Simultaneität, dann lassen sich diese Änderungen
zunächst an den Überarbeitungen des Kunstbegriffs und an Kunstpraktiken festmachen, wie sie in der
Auseinandersetzung mit der Moderne entwickelt wurden. Schnittstellen, Kommunikation und Simultaneität sind
keine a priori technischen Begriffe, ein Netzwerk von künstlerischen oder allgemein soziokulturellen
Praktiken ist kein a priori technisches Netzwerk von Leitungen, Protokollen und Programmen. Es wird vielmehr
deutlich, dass es dabei um eine umfassende Transformation geht, "welche die Praktiken unseres symbolischen
Handelns und damit die Grundlage unseres Wirklichkeitsverständnisses neu definiert."
Elektrifizierte Territorien
Wenn es also um die Artikulationen miteinander verbundener Praktiken geht, muss auch eine zumindest
punktuelle Geschichte bzw. Genealogie medienkünstlerischer Praktiken bzw. der Zugriff von Kunst auf
Technologien berücksichtigt werden.
1967 wurde am Los Angeles County Museum of Art das "Art and Technology"-Programm gegründet, 1968 von
Gyorgy Kepes am Massachussets Institute of Technology das "Center for Advanced Visual Studies". Im selben Jahr
findet am Institute for Contemporary Arts in London die Ausstellung "Cybernetic Serendipity" statt. Ebenfalls 1967
wird in New York von Robert Rauschenberg und Billy Klüver, einem Techniker der Bell Laboratories, die
Organisation "Experiments in Art and Technology" (EAT) gegründet, für deren Programmatik ebenfalls die
Auffassung ausschlaggebend war, daß eine Kunst, die moderne Technologie ausklammert, an sozialer Relevanz
verliert. "If you don't accept technology, you better go to another place because no place here is safe. (...)
Nobody wants to paint rotten oranges anymore."
1966 wurde in der New Yorker "Armory Hall" eine Reihe von Performances unter dem Titel "9 Evenings. Theater
and Engineering" aufgeführt, verschiedene audiovisuelle Performances, bei denen es nicht nur darum ging, mit
Hilfe von Technologie bzw. spezifisch entwickelten technischen Systemen neuartige Effekte oder auch
Interaktionsmöglichkeiten zwischen Akteuren, Musik/Bild und Zuschauern zu ermöglichen. Die
technisch/medialen Komponenten im Rahmen dieser Projekte wurden vielmehr als zusätzliche komplexe Variablen
innerhalb von Handlungs- und Ereignisfeldern verstanden. Die Ansprüche künstlerischer Konzepte an diese
Handlungsfelder hatten eine eminente Modifikation der verwendeten Technik zur Folge: "In other cases we were
unable to convince critics that we were deeply sceptical about technology and that we were using it in order to
understand it, exploit it, subvert it, but not beautify it or apologise for it."
1975 wurde "Art Com" (La Mamelle Inc.) u. a. von Carl Loeffler gegründet, eine Künstlerorganisation,
die sich mit Conceptual Art, Performance, Videokunst, Fernsehkunst und Telekommunikationskunst beschäftigte.
1978 wird in Toronto die Konferenz "The Fifth Network" veranstaltet, die über das lokale Kabelfernsehen
übertragen wurde, und auf der Robert Adrian X Bill Bartlett kennenlernt und von diesem über
Slow-Scan-TV-Experimente an der Ostküste der USA erfuhr. Bereits 1979 realisierte Bill Bartlet für
"Computer Culture 79" in Toronto die Computerkommunikationskonferenz "Interplay", an der in Wien Robert Adrian X,
Richard Kriesche, Heidi Grundmann und Gottfried Bach teilnahmen. Ein ORF-Studio wurde als temporärer
Projektknoten eingerichtet, eingehende und ausgehende Nachrichten wurden live in der Sendung "Kunst heute"
verlesen.
ARTEX (Artist's Electronic Exchange Program) wurde 1980/81 dem kommerziellen Netzwerk "I. P. Sharp APL Network"
implementiert und stellte weltweit eines der ersten von Künstlern regelmäßig benutzten und
eingesetzten Mail-Programmen dar. ARTEX ermöglichte, diese neuen Produktionsformen einer verteilten
Autorenschaft, die zugleich eine neue Form kommunikativ orientierter Kooperationen darstellten, erstmals dauerhaft
als experimentellen "Raum" im Rahmen künstlerischer Praktiken zu nutzen. Robert Adrian X realisierte
darüber hinaus eine Reihe weiterer wichtiger Projekte im Bereich Telekommunikation und Kunst, am bekanntesten
sicherlich "Die Welt in 24 Stunden" zur Ars Electronica 1982.
Als Mitglied der Gruppe BLIX war Robert Adrian X zwischen 1979 und 1986 auch an einer Reihe von
"Telefonmusik"-Projekten beteiligt (in Zusammenarbeit mit "Western Front", das auch einer der Kooperationspartner
von ".. devolve into II .. " ist), darunter "Wiencouver IV", 1983, das mithilfe verschiedener Medien Mail Art,
Telefax, Slowscan TV, Telefonmusik, Computer die Etablierung "einer imaginären Stadt, die zwischen ihren
beiden Polen Wien und Vancouver unsichtbar im Raum schwebt" zum Ziel hatte. Im Jahr 2000 wurde "Wiencouver 2000"
als "Project for the Millenium" durchgeführt, eine Produktion von Kunstradio, Wien, Firstfloor, Vancouver und
Western Front, Vancouver: "In 1980, when the modern Fax machine was still an exotic promise and computers either
massive mainframes or playthings for the hobbyist, artists in Vancouver and Vienna were collaborating on the first
of the projects known as Wiencouver. WIENCOUVER 2000 is not a nostalgic look at the early years of Art+Telcom but
an exploration of the new technology available for artists working in the field as we approach the new millenium."
"Wiencouver 2000" dauert an - die "devolve into"-Projekte sind ein Teil dieses Produktionskontextes für
vernetzte Beiträge aus verschiedenen Medien, verschiedenen Zeiten und verschiedenen Räumen.
Im Rahmen des "Laboratoria Ubiqua" (organisiert von Roy Ascott, Don Foresta, Tom Sherman und Tommaso Trini ),
das Teil des "Art & Science" Schwerpunktes der Biennale von Venedig 1986 war, plante Robert Adrian "Planetary
Network", ein weltweites Computernetzwerk-Slow Scan TV-Projekt mit Teilnehmern aus Venedig, Wien, Sidney,
Honolulu, Vancouver, Los Angeles, San Francisco, Chicago, Toronto, Pittsburgh, Atlanta, Boston, Bristol, Paris und
Milan. Während des Live Events wurden weltweit Slow-Scan-Bilder und Faxe augetauscht und Texte über
ARTEX verschickt. Durch Carl Loeffler kam in der anschließenden Konferenz ein Gateway zu Compuserve zustande
und es ergab sich eine kontroversielle Diskussion über mögliche Szenarien der Zukunft unter dem Horizont
der elektronischen Medien, die Entwicklung der Technologie und den Platz der Künstler innerhalb dieser
Entwicklung.
Die Genealogie dieser Telekommunikationsprojekte - die in verschiedenen Formen immer auch an andere Medien
gekoppelt waren, wie etwa Radio, Fernsehen, Live-Performances, Installationen, Ausstellungen etc. - reicht
schließlich bis zu "Multi User Dungeons" (mit "TrekMuse" und "LambdaMOO" und weiteren Multi-User-Spielen
seit Anfang der 70er Jahre), hypertextbasierenden Projekten (wie unter anderem "Text-Touren" von PooL Processing,
Heiko Idensen/Matthias Krohn, im Rahmen des "ZEROnet"-Projektes der Steirischen Kulturinitiative von 1992/93,
organisiert von Robert Adrian X und Gerfried Stocker) sowie zahllosen User-Groups und Konferenz-Gruppen (etwa auf
WELL - Whole Earth 'Lectronics Network). In der Tradition dieser experimentellen Telekommunikationsprojekte stehen
schließlich auch Arbeiten wie "Chipradio" (1992), "Realtime" (1993), bis hin zu "Horizontal Radio" (1995)
zur Ars Electronica realisiert.
"Sound Drifting", "ein 1999 zur Ars Electronica realisiertes "temporäres System von Subprojekten, die
simultan an weit voneinander entfernten Orten ein breites Spektrum von Methoden und Ansätzen zur on
line-Generation/Automation von Daten/Sounds einsetzen und gemeinsam fuer die Dauer des Festivals eine
kollaborative On Line - On Site - On Air Soundinstallation produzieren, die in einer Vielzahl von Versionen
erlebbar ist", war eine weitere Projekt-Plattform, die zugleich Online im Web, On Site im Mediadeck des O.K. in
Linz und anderen Orten und On Air im "Kunstradio" des ORF und einer Reihe von weiteren Radiostationen eine
Vielzahl von Inputs und Präsentationsformen umfasste, den Veranstaltungszeitraum der "ars electrinica"
überschritt, und die in einer Kommunikationsform zwischen Mensch und Maschine verschiedenste "Objekte" und
"Räume" erschloss - "both dissimilar in material, size, and appearance".
Ein Charakteristikum all dieser Projekte ist ihr Live-Charakter bzw. die Partizipationsmöglichkeiten der
User - der Ablauf ist daher nicht vollständig vorhersehbar und kontrollierbar, es gibt kein Publikum im
eigentlichen Sinn mehr: "In a non-hierarchic structure, like this generative sound installation, all participants
have equal rights: artists, users, and machines." "Der Erfolg eines Projektes wie ACEN [siehe Anm 31] basiert
nicht nur auf der Existenz eines elektronischen Netzwerkes. Der Erfolg wird vor allem durch die Benutzer bestimmt,
was sie ins Netzwerk einbringen, und durch die Qualität und Quantität ihrer Interaktion."
Ein weiteres wesentliches Charakteristikum besteht gerade in der Auflösung einer homogenen und synchronen
Medienzeit, vor allem jener des klassischen Radios: der "Fluss" an Inputs und Outputs, Bearbeitungen und
Transformationen, gehorchte keiner zentralen Instanz der Synchronisation, entstand in verschiedenen Zeitzonen und
verschiedenen Kontexten, orientierte sich nicht an Medienformaten oder Events, verschaltete asynchron verschiedene
Locations mit den Non-Stop-Streams des Netzes. "Destructuring by asynchronicity is an extremeley important, if not
crucial facet of new electronic technologies."
Im Rahmen dieses "artists' use of telecommunications" geht es also nicht nur um Kunst und um Technologie, es
dreht sich vor allem um eine Analysearbeit an neuen kulturellen Schnittstellen, um (temporäre) Prozesse und
Handlungsrahmen, in denen wichtige kulturelle Koordinaten neu entworfen miteinander in Beziehung gesetzt werden:
Präsenz, Repräsentation und Öffentlichkeit/en erhalten völlig neue Erscheinungs- und
Organisationsformen, es entsteht jener erwähnte "Utopos von Netzwerken, elektronischen Rezeptionsweisen und
eine post-territoriale Gemeinschaft, deren Materialität ephemer bleibt, sich der räumlichen Einordnung
entzieht und deren Gegenwart von ihrer Teilnahme statt von ihrem zufälligen Standort bestimmt wird."
devolve into
".. devolve into II .." ist ein vernetztes Streamingprojekt internationaler RadiokünstlerInnen, das
von Peter Courtemanche initiiert worden ist und an dem noch Lori Weidenhammer (Vancouver), Roberto Paci
Daló (Rimini), Kim Dawn und Scott Russell (Vancouver), Markus Decker und Ushi Reiter (Linz/Wien), Andrew
Garton (Melbourne), Ken Gregory (Winnipeg), Emilia Telese und Tim Mark Didymus (Brighton), Wolfgang Temmel
(Wies/Steiermark) und Fujui Wang (Taipeh) beteiligt sind. Das Projekt steht in der skizzierten Tradition einer
Telekommunikationskunst der 70er und 80er Jahre, verschränkt diese aber mit einer Form der Radiokunst, die
sich selbst wiederum als Teil dieser Telekommunikationsprojekte versteht und die Veränderung des Radios durch
die Entwicklung neuer Kommunikationsmedien reflektiert. Diese Veränderung betrifft nicht nur den für das
Fernsehen erwähnten Verlust der massenmedialen Synchronisierungsfunktion, die völlig veränderten
Stellung als sogenanntes Tagesbegleitmedium. Damit einher geht vielmehr die veränderte Funktion als
Bedeutungsproduktionshorizont. Die Sendeformate des Radios und ihre Inhalte haben ihre Funktion im Rahmen
kultureller Kommunikation und Information gewechselt, sie stehen in direktem Verhältnis zu zahllosen anderen
Medien- und Kommunikationsformaten, werden dort kommentiert, ergänzt, weiterverarbeitet oder haben dort ihre
Grundlage und ihren Ausgangspunkt. Das bedeutet auch für künstlerische Produktionen im und für das
Radio, dass sie keine abgeschlossenen Einheiten mehr darstellen (ihren Werkcharakter verlieren) und auch nicht
immer primär für das Radio entwickelt wurden. Radio stellt oftmals nur ein weiteres - wenn auch sehr
spezifisches - "Fenster" für die vorübergehende Manifestation von derart auf verschiedene Medien
ausgerichtete Projekte dar.
".. devolve into .." is informed by the history of telecommunication art-work that uses the media of
communication to provoke exchange, build networks of artists, and engage in the discourse around the role of
global networks in culture (either electronic networks or groups of artists who communicate and collaborate across
distances trough travel, mail-art, and other forms of dissemination). (...) Informed by the idea of real-time
exchange over distance, '.. devolve into II ..' works with the streams on the internet - the broadcast of audio
and image in a text based network. The images are presented as a slide show or slow-scan (as opposed to a 'moving
picture' or video) - thus refering to early methods of sending images over telephone lines." (Peter
Courtemanche)
".. devolve into II .." geht zurück auf ein Pilotprojekt im Jahr 2000, das als audiovisuelle
Online-Installation bei Kunstradio Online und Western Front Online zugänglich ist. Eine spezielle On
site-Version wurde 2000 im ORF Landestudio Steiermark in Graz zum "musikprotokoll" im steirischen herbst
realisiert. "The title - 'devolve' - refers to the process of change or alteration that takes place when something
in the analog world is digitized - compressed - stored - moved - copied - transmitted - decompressed - and turned
back into a physical object (in the form of light waves and sound pressure). Regardless of the process, the
material that has been pushed through the internet is ultimately different than the originals." (Peter
Courtemanche)
An ".. devolve into .." lässt sich beispielhaft die skizzierte Transformation von Bedeutungsproduktionen
und Handlungsfeldern nicht nur im Bereich der Kunst festmachen: "Kunst wird vom Produzenten von Sinn zum Arrangeur
von Operationen." Hans Ulrich Reck schreibt weiter: "Eine ständige Semantisierung, Re-Semantisierung und
Um-Semantisierung von Materialien kennzeichnet die Kunstentwicklung ebenso wie den Mediengebrauch. (...)
Enthierarchisierung von Materialien und Poetiken richtet sich vor allem gegen einen Kulturbegriff, der zu lange an
unwandelbaren Größen orientiert gewesen ist. Durch die Entwicklung neuer Gebrauchsformen der
audiovisuellen Massenmedien bilden sich neue Kontexte (...)." Diese neuen Kontexte betreffen nicht nur Praktiken
mit interaktiven Medien, sondern definieren ebenso klassische Medien wie das Radio neu, dessen Grundlage des
"broadcasting" durch die Streaming-Techniken im Netz und also durch sich abzeichnende Konvergenzerscheinungen
verschiedener Medien eine völlig neue Bedeutung erhält. Auch für das Radio zeigt sich, dass die
Vorstellungen darüber, welche Öffentlichkeiten es erreicht, wie diese Öffentlichkeiten
überhaupt adressiert werden, welche Räume dabei entstehen, welche Rolle - wie oben erwähnt - die
neuartigen Arbeiten für einen Begriff des Radios spielen werden, völlig neu überdacht werden
müssen.
Indem sich ".. devolve into II .." dezidiert auf die Genealogie von Telekommunikationsprojekten bezieht und
beispielsweise in der Rekonstruktion der Bildästhetik von Slow-Scan-Television geradezu buchstäblich
retroaktive Elemente in das Projekt einbaut, setzt es sich ebenso dezidiert von einem Verständnis des Netzes
als eine Art Online-Galerie ab, die im Medium sozusagen nur ein "Gefäß" für bestehende
Ästhetiken, Praktiken und Produktionslogiken sieht. "In all of its forms - web, radio, installation,
performance, and this CD - this project hopes to extend an ongoing dialogue about communications technology and
the role of the artist in relation to that technology." Das "Netz" erscheint dabei als ein Raum der
Aktualität, der (auch experimentellen) Verschränkung von Partizipierenden und Handelnden, das im
Wesentlichen auch die Grundlagen nicht nur künstlerischer Praxis, sondern die Grundlagen sozialer Praxen
insgesamt überdenkt.
"How do these objects persist? How do we find them? How do they alter themselves through contact with the
nodes? What does digitization/alteration mean to our idea of icons - our connection with culture and history?"
(Peter Courtemanche)
Netzwerkgestütztes künstlerisches Arbeiten, wie es Peter Courtemanche im Projekt ".. devolve into II
.." in Kooperation mit einer Reihe internationaler KünstlerInnen initiiert, bezieht sich somit nicht nur auf
die internen Transformationen eines Zeichengebrauchs (Bild, Sound, Sprache, Schrift), sondern vor allem auch auf
die externen Verflechtungen dieses Zeichengebrauchs: was als verteilte Autorenschaft, kooperatives Produzieren
oder wie auch immer beschrieben wird, erscheint auch als eine erweiterte, inhomogene sozio-kulturelle Praxis, die
das Projekt immer wieder an konkrete Produktions- und Lebenszusammenhänge rückbindet, wenn auch
nicht-hierarchisch, disloziert und gegen unwandelbare kulturelle Ordnungen gerichtet . Wenn man also "..devolve
into II.." in die hier skizzierte Genealogie und die impliziten kunst-, medien- und kulturhteoretischen Diskurse
einklinkt, erscheint es einmal mehr gerechtfertigt, künstlerische Praxis auch als Beitrag zu einem
Verständnis unseres symbolischen Handelns und damit der Grundlagen unseres Wirklichkeitsverständnisses
zu verstehen.
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